Nichtbekanntgabe einer Betreibung – 2. Teil
Seit einer Gesetzesänderung von 2019 können sich Betriebene einfacher gegen ungerechtfertige Einträge im Betreibungsregister wehren. Drei Fragen lässt das Gesetz jedoch offen. Das Bundesgericht hat sie beantwortet.
Eine Betreibung bleibt fünf Jahre lang im Betreibungsregister eingetragen – auch wenn die Forderung unbegründet ist. Sie kann dort von jedem Interessierten eingesehen werden. Das kann zum Beispiel bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche zu einem Problem führen.
Seit einer Gesetzesänderung von 2019 können sich Betriebene aber einfacher gegen ungerechtfertigte Einträge wehren. Erhebt ein Betroffener gegen eine Betreibung Rechtsvorschlag, kann er drei Monate später vom Betreibungsamt verlangen, dass es die Betreibung nicht mehr bekannt gibt. Das ist nach Gesetz aber nur möglich, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit kein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet hat. Drei Fragen lässt das Gesetz jedoch offen, nämlich
• ob das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Betreibung weiterzieht, aber vor Gericht unterliegt,
• wie lange der Betriebene die Nichtbekanntgabe der Betreibung verlangen kann,
• ob ein Gesuch um Nichtbekanntgabe nicht mehr möglich ist, wenn der Betriebene die Forderung nach der Einleitung der Betreibung bezahlt hat.
Das Bundesgericht hat diese Fragen beantwortet. In der FachINFO Mai 2022 wurde über die erste berichtet. Eine Zürcherin wurde von einer Umzugsfirma zu Unrecht betrieben. Sie stoppte die Betreibung mit einem Rechtsvorschlag. Die Firma leitete ein Rechtsöffnungsverfahren ein, unterlag aber. Danach unternahm die Firma nichts mehr bis zum Ablauf der einjährigen Frist des Zahlungsbefehls. Die Betriebene verlangte vom Betreibungsamt, die Betreibung Dritten nicht mehr bekannt zu geben. Das Bundesgericht lehnten das Gesuch ab. Begründung: Ein Betriebener habe nur dann Anspruch auf eine Nichtbekanntgabe der Betreibung, wenn der Gläubiger nach Erhebung des Rechtsvorschlags untätig geblieben ist (Urteil 147 III 41 vom 22. Juni 2020).
Das Bundesgericht sagte in diesem Urteil nichts dazu, was nach Ablauf eines Jahres gilt, wenn der Gläubiger die Betreibung nicht mehr fortsetzten kann. Die betroffene Zürcherin verlangte vom Betreibungsamt erneut die Nichtbekanntgabe der Betreibung. Das Amt und später das Bundesgericht lehnten erneut ab. «Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte der neuen Norm lassen den Schluss zu, dass der Schuldner nach Ablauf eines Jahres noch ein Gesuch um Nichtbekanntgabe stellen kann», so das höchste Gericht (Urteil 147 III 544 vom 23. August 2021).
Der Entscheid ist falsch. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte schliessen die Möglichkeit aus, ein Gesuch auf Löschung des Registereintrags auch nach einem Jahr noch zu stellen.
Die Politik hat auch auf dieses Urteil des Bundesgerichts reagiert. Anfang Jahr reichte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eine parlamentarische Initiative ein, um im Gesetz klar zu stellen, dass die betriebene Person das Gesuch auch nach Ablauf eines Jahres stellen kann (Parlamentarische Initiative 22.400). Ende März stimmte die Rechtskommission des Ständerates der Initiative zu. Die Kommission des Nationalrates muss nun einen Entwurf ausarbeiten.
Ende Juli 2021 entschied das Bundesgericht in einem anderen Fall auch über die dritte Frage, nämlich dass ein Gesuch um Nichtbekanntgabe nicht mehr möglich ist, wenn der Betriebene die Forderung nach der Einleitung der Betreibung bezahlt hat. Ein Mann aus Zürich hatte vergeblich verlangt, dass seine nach der Betreibung bezahlten Steuerschulden im Registerauszug nicht mehr erscheinen (Urteil 5A_701/2020 vom 23. Juli 2021).