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Nichtbekanntgabe einer Betreibung – 1. Teil

Aktienrechtsreform: Das ändert sich in der Buchhaltungspraxis

Seit einer Gesetzesänderung von 2019 können sich Betriebene einfacher gegen ungerechtfertige Einträge im Betreibungsregister wehren. Drei Fragen lässt das Gesetz jedoch offen. Das Bundesgericht hat sie nun beantwortet.

In der Schweiz kann jeder jeden betreiben. Kein Betreibungsamt prüft, ob eine Forderung berechtigt ist. Ein Zahlungsbefehl sagt also nichts darüber aus, ob jemand wirklich einem anderen Geld schuldet. Deshalb kann man Betreibungen einfach per Rechtsvorschlag stoppen – eine Unterschrift auf dem Zahlungsbefehl reicht dazu.

Will der Auslöser des Zahlungsbefehls die Betreibung danach weiterziehen, muss er beim Gericht die Beseitigung des Rechtsvorschlags verlangen. Dafür hat der Gläubiger ein Jahr Zeit. Danach kann er die Betreibung nicht mehr fortsetzen. Trotzdem bleibt sie fünf Jahre lang im Betreibungsregister eingetragen und kann von Interessierten eingesehen werden.

Immerhin: Seit einer Gesetzesänderung von 2019 können sich Betriebene einfacher gegen ungerechtfertigte Einträge wehren. Erhebt ein Betroffener gegen eine Betreibung Rechtsvorschlag, kann er drei Monate später vom Betreibungsamt verlangen, dass es die Betreibung nicht mehr bekannt gibt. Das ist nach Gesetz aber nur möglich, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit kein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet hat. Drei Fragen lässt das Gesetz jedoch offen, nämlich
• ob das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Betreibung weiterzieht, aber vor Gericht unterliegt,
• wie lange der Betriebene die Nichtbekanntgabe der Betreibung verlangen kann,
• und ob ein Gesuch um Nichtbekanntgabe nicht mehr möglich ist, wenn der Betriebene die Forderung nach der Einleitung der Betreibung beglichen hat.

Die Fragen hat das Bundesgericht nun beantwortet. Im ersten Fall wurde eine Zürcherin von einer Umzugsfirma zu Unrecht betrieben. Sie stoppte die Betreibung mit einem Rechtsvorschlag. Die Firma leitete ein Rechtsöffnungsverfahren ein, unterlag aber. Danach unternahm die Firma nichts mehr bis zum Ablauf der einjährigen Frist des Zahlungsbefehls. Die Betriebene verlangte vom Betreibungsamt, die Betreibung Dritten nicht mehr bekannt zu geben.

Das Amt und später das Bundesgericht lehnten das Gesuch ab. Die Begründung des höchsten Gerichts: Nur Betreibungen, bei denen der Gläubiger nach Zustellung des Zahlungsbefehls und Erhebung des Rechtsvorschlags untätig geblieben ist, sollen nicht bekanntgegeben werden. Das sei vom Gesetz so gewollt. Nach Ansicht des Gerichts spielt es also keine Rolle, ob der Gläubiger vor Gericht gewinnt oder verliert (Urteil 147 III 41 vom 22. Juni 2020).

Der Entscheid ist falsch. Denn verliert der Gläubiger vor Gericht, ist das ein starkes Indiz, dass die Forderung nicht besteht und die Betreibung ungerechtfertigt war.

Die Politik hat auf das Urteil des Bundesgerichts reagiert. Anfang Jahr reichte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eine parlamentarische Initiative ein, um zu erreichen, dass ein Betriebener die Nichtbekanntgabe einer Betreibung verlangen kann, wenn der Gläubiger die Betreibung weiterzieht, aber vor Gericht unterliegt (Parlamentarische Initiative 22.401). Ende März stimmte die Rechtskommission des Ständerates der Initiative zu. Die Kommission des Nationalrates muss nun einen Entwurf ausarbeiten.