VR-Entschädigung
Gesellschaftsrecht, Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht qualifizieren die VR-Tätigkeit unabhängig voneinander. Gesellschaftsrechtlich ist das VR-Mitglied in erster Linie nicht weisungsgebundenes Organ der Gesellschaft, sozialversicherungs- und steuerrechtlich gilt die VR-Entschädigung in der Regel als Lohn für unselbständige Erwerbstätigkeit.
Sozialversicherungsrecht
Sozialversicherungsrechtlich gehört die VR-Entschädigung zum massgebenden Lohn (Art. 7 lit. h AHVV), die VR-Tätigkeit gilt damit sozialversicherungsrechtlich als unselbständige Erwerbstätigkeit. Die Gesellschaft muss die VR-Entschädigungen mit ihrer Ausgleichskasse abrechnen und zwar unabhängig davon, ob das VR-Mitglied das Honorar behalten kann oder nicht. Auch bei VR-Entschädigungen gelten die Schwellen für geringfügige Löhne (2’300 Franken) und den Rentnerfreibetrag (16’800 Franken).
Nur ausnahmsweise gehört die VR-Entschädigung nicht zum massgebenden Lohn (vgl. WML Rz 2054 bis 2058), nämlich dann, wenn das VR-Mitglied seine Tätigkeit als Arbeitnehmer eines Dritten ausübt (z.B. im Konzern oder bei Überkreuz-Mandaten) und folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Erstens muss die Entschädigung direkt an die Arbeitgeberin des VR-Mitglieds ausbezahlt werden, zweitens muss das VR-Mitglied eben diese Arbeitgeberin im Verwaltungsrat vertreten, und drittens muss die Arbeitgeberin Sitz in der Schweiz haben.
Die Qualifikation der VR-Entschädigung in der Schweiz als unselbständige Erwerbstätigkeit kann je nach Konstellation dazu führen, dass das ausländische VR-Mitglied für seine gesamten internationalen Einkünfte dem Schweizer Sozialversicherungsrecht untersteht und Beiträge leisten muss, oder dass die Schweizer Gesellschaft die VR-Entschädigung ihres ausländischen VR-Mitglieds mit ausländischen Sozialversicherungsbehörden abrechnen muss.
Unfallversicherung
Die Unfallversicherungspflicht knüpft regelmässig an die unselbständige Erwerbstätigkeit im Sinne der AHV an. Allerdings sind Mitglieder von Verwaltungsräten, die nicht im Betrieb tätig sind, nicht obligatorisch unfallversichert (Art. 2 Abs. 1 lit. f UVV).
BVG
Wird die VR-Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt und ist das VR-Mitglied hauptberuflich bereits obligatorisch BVG-versichert oder übt eine selbständige Erwerbstätigkeit aus, ist es unabhängig von der Höhe der VR-Entschädigung von der obligatorischen BVG-Pflicht befreit (Art. 1j Abs. 1 lit. c BVV 2).
Steuerrecht
Auch steuerrechtlich gilt die VR-Entschädigung prinzipiell als unselbständige Erwerbstätigkeit. Ist das VR-Mitglied ordentlich steuerpflichtig, gelangt das ordentliche Veranlagungsverfahren zur Anwendung. Die Gesellschaft muss dem VR-Mitglied für seine Entschädigung einen Lohnausweis ausstellen, das VR-Mitglied seine Entschädigung als Einkommen deklarieren. Ausländische VR-Mitglieder unterstehen grundsätzlich der Quellensteuerpflicht. Auf Bundesebene gilt dabei ein proportionaler Steuersatz von 5% der Bruttoeinkünfte. Auf Leistungen unter 300 Franken wird keine Quellensteuer erhoben.
Wird die VR-Entschädigung von einer mehrwertsteuerpflichtigen Gesellschaft an eine inländische Drittgesellschaft entrichtet, ist darauf zum ordentlichen Satz Mehrwertsteuer abzurechnen. Liegt der Sitz des Leistungsempfängers im Ausland unterliegt die Entschädigung aufgrund des Empfängerortprinzips nicht der schweizerischen Mehrwertsteuer (Art. 8 Abs. 1 MWSTG).
Gesellschaftsrecht
Die sozial- und steuerrechtliche Qualifikation der VR-Entschädigung als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit hat keinen Einfluss auf die gesellschaftsrechtliche Qualifikation des VR-Mandats. Das VR-Mitglied ist als solches Organ und nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft. Es steht in erster Linie in einem organschaftlichen Verhältnis, allenfalls punktuell durch Verträge (z.B. Arbeitsvertrag, Auftrag) ergänzt werden kann.